Upper Cross Syndrom – Definition
Beim sogenannten Upper Cross Syndrom handelt es sich um ein umfassendes Beschwerdebild, das auf eine Fehlhaltung des Nackens und des oberen Rückens zurückgeht. Typisch beim Lower Cross Syndrom ist das Vorstehen von Kopf und Schultern, wobei der obere Rücken im Bereich der Brustwirbelsäule eine eher gekrümmte Haltung einnimmt. Die weit verbreitete Fehlhaltung geht meist auf unseren modernen Lebensstil zurück, der von Bewegungsmangel, Arbeit am Bildschirm und dem starren auf Smartphone-Displays geprägt ist. Üblicherweise zeigt sich das Upper Cross Syndrom sowohl optisch anhand einer charakteristischen Haltung als auch durch häufige Nackenverspannungen und Kopfschmerzen. Langfristig kann ein schweres Upper Cross Syndrom infolge der Belastung der Halswirbelsäule das Auftreten eines Bandscheibenvorfalls in der HWS begünstigen.
Upper Cross Syndrom – Ursachen
Ursächlich für das Upper Cross Syndrom ist eine schlechte Körperhaltung, die im Laufe der Zeit zu einem muskulären Ungleichgewicht (muskuläre Dysbalance) führt. In der modernen Arbeitswelt müssen wir oft und lange sitzen. Genau dafür ist unser Körper aber nicht ausgelegt. Speziell die Aufrechterhaltung einer gesunden ergonomischen Sitzposition ist über längere Zeit kaum möglich, da die Muskulatur ermüdet. In der Folge sinken wir mit zunehmender Dauer des Arbeitstags in uns zusammen: Wir lassen die Schultern hängen, der Kopf wandert in Richtung Bildschirm und der obere Rücken rundet ein. Zuhause angekommen machen wir genau so weiter oder starren bereits auf dem Heimweg ständig mit gebeugtem Nacken auf das Smartphone. Dass genau das Gift für Nacken und Rücken ist, kannst Du Dir vorstellen. Immerhin lastet allein durch das Vorschieben des Kopfes ein Mehrfaches seines Gewichts auf der Halswirbelsäule. Ausgehend von der Nullstellung ca. 5 kg des Kopfs bis hin zum extremen Beugen beim Schauen auf das Smartphone ca. 28 kg. In der Folge muss die Nackenmuskulatur deutlich mehr arbeiten und verspannt sich. Zudem kommt es zur Bildung eines typischen muskulären Ungleichgewichts mit einem starken oberen Trapezmuskel und einer meist verspannten Brust und im Gegenzug einem zu schwach ausgeprägten unteren Trapezmuskel sowie einer zu schwach ausgeprägten Halsmuskulatur. Durch die Verspannungen und die Anpassung der Bänder und Faszien an diese Fehlbelastung „verhärtet“ sich diese Position von ganz allein. Vielfältige Symptome und Beschwerden sind auf diese Weise vorprogrammiert.
Upper Cross Syndrom – Symptome
Insgesamt kann das Upper Cross Syndrom eine ganze Reihe unterschiedlicher Symptome hervorrufen. Diese hängen von der Ausprägung des muskulären Ungleichgewichts und dessen Auswirkungen auf die vorliegende Fehlhaltung ab. Hauptsymptom eines Upper Cross Syndroms sind Nacken- und Rückenschmerzen. Rückenschmerzen treten insbesondere im Bereich der oberen BWS auf und zeigen sich häufig zwischen den Schulterblättern. Typischerweise fallen die Verspannungsschmerzen recht dumpf aus. Schmerzhafte Muskelverspannungen treten meist auch bereits dann auf, wenn die typische Fehlhaltung optisch noch nicht allzu ausgeprägt ist. Charakteristisch für das Upper Cross Syndrom ist ein mitunter deutlich nach vornegeschobener Kopf mit ebenfalls nach vorne geschobenen Schultern. Der obere Rücken ist hingegen leicht nach vorne eingerundet. Beträgt die Rundung über 40 Grad, sprechen Mediziner von einem behandlungswürdigen Rundrücken (Hyperkyphose). Insbesondere bei stark eingerundetem Rücken kann durch die Verengung des Brustraums und der möglichen Verlagerung der Organe auch die Funktion der inneren Organe beeinträchtigt sein. Möglich sind unter anderem Verdauungsprobleme, Herz-Kreislauf-Beschwerden und Atemprobleme. Letztere machen sich vor allem beim tiefen Einatmen bemerkbar.
Weitere Mögliche Symptome
Insbesondere infolge der Irritation von Nerven im Bereich der HWS und der BWS können auch ausstrahlende Schmerzen, neurologische Symptome sowie diverse weitere Beschwerden auftreten oder zumindest mitverursacht werden. Dazu gehören unter anderem folgende Symptome: In Schulter, Arme und Finger ausstrahlende Schmerzen Missempfindungen wie Kribbeln und Ameisenlaufen in den Fingern Zeitweise Taubheitsgefühle im Bereich des Nackens und der Finger Häufiges „Einschlafen“ eines Armes Konzentrationsprobleme Migräne (erhöhtes Risiko bei manchen Arten – siehe Migräne) Schwindel Ohrgeräusche
Upper Cross Syndrom – Behandlung
Da es sich beim Upper Cross Syndrom in der Regel um eine ausschließlich funktionelle Fehlhaltung handelt, lässt sich diese sehr gut korrigieren. Und jetzt kommst Du ins Spiel! Beim Upper Cross Syndrom hast Du es dank zahlreichen präventiven Maßnahmen sowie hervorragenden Dehn- und Kräftigungsübungen selbst in der Hand, wie schnell Du die Fehlhaltung und die damit verbundenen Beschwerden wieder loswirst bzw. sie erst gar nicht bekommst.
Mit diesen Übungen kannst Du Deine Fehlhaltung korrigieren
Die folgenden Übungen helfen Dir auf der einen Seite dabei, Deine bereits verspannten Muskeln zu lockern und auf der anderen Seite ihre schwächeren Pendants zu stärken.
Übung 1 – Wall Slides
Wall Slides kräftigen den unteren und mittleren Teil des Trapezmuskels. Zudem sorgen sie für eine bessere Beweglichkeit der Schultern. Lehne Dich mit dem Rücken flach an eine Wand. Platziere Deine Füße nun in etwa 15-20 Zentimetern Abstand zur Wand. Breite anschließend die Arme wie Flügel zur Seite aus und lege Sie auf die Wand auf. Der komplette Arm hat von der Schulter bis zum Handrücken Kontakt zur Wand. Aus dieser Position heraus führst Du die Arme zunächst so weit nach oben, wie Du kannst. Anschließend ziehst Du Deine Arme im Gegenzug so weit nach unten, wie es geht. Achte darauf, dass Handrücken und Ellenbogen während des gesamten Bewegungsablaufs an der Wand verbleiben. Führe insgesamt drei Sätze mit 15-20 Wiederholungen aus.
Übung 2 – Den Nacken lockern
Da der obere Anteil des Trapezius (umgangssprachlich der Nacken) in der Regel stark verspannt ist, muss dieser gelockert werden. Sehr einfach geht das beispielsweise mit einem Faszienball. Tipp: Alternativ funktioniert das Ganze auch mit einem Tennisball, wenngleich ein Faszienball besser geeignet ist. Nimm den Faszienball zur Hand und stell Dich in einen Türrahmen. Beuge Dich nach vorne, sodass Dein Oberkörper ca. einen 60-70-Grad-Winkel einnimmt. Platziere nun den Faszienball zwischen dem Türrahmen und Deinem Nacken. Beginne entweder mit der linken oder rechten Seite. Klemme den Ball mit Deiner Muskulatur zwischen Nacken und Türrahmen ein und übe leichten Druck aus. Rolle den Ball währenddessen hin und her, indem Du Deinen Oberkörper bewegst. Je nach Verspannungsgrad kannst Du auch den Druck variieren. Lockere Deinen Nacken auf diese Weise für 1-2 Minuten und wechsle dann die Seite.
Übung 3 – Die Brust dehnen
Ebenso wie der Nacken ist auch häufig die Brust verspannt. Mit der folgenden Übung kannst Du die Muskulatur gezielt lockern. Auch hier kommt der Faszienball zur Anwendung. Stell Dich frontal in einen Türrahmen, sodass Du dicht vor der Türzarge stehst. Lege nun den Faszienball zwischen Deine Brustmuskulatur und den Türrahmen. Platziere ihn so, dass er im Übergangsbereich zwischen der Schulter- und Brustmuskulatur aufliegt. (Hier sitzen die hartnäckigsten Verspannungen.) Übe nun ein wenig Druck aus und rolle den Faszienball für 1-2 Minuten hin und her. Besonders hartnäckige Verspannungen kannst Du lösen, indem Du Deinen Arm dabei vor- und zurückbewegst. Wechsle anschließend die Seite.
Übung 4 – Stärkung der Halsbeuger
Mit der letzten Übung stärkst Du Deine zu schwach ausgeprägten Halsbeuger. Durch deren Stärkung und die Lockerung des Nackens kannst Du das muskuläre Ungleichgewicht am effektivsten bekämpfen. Stell Dich aufrecht mit dem Rücken an eine Wand. Hinterkopf, Schulterblätter, Po und Füße befinden sich an der Wand. Neige Dein Kinn und versuche gleichzeitig Deinen Hals zu strecken. Drücke anschließend Deine Zunge fest gegen den Gaumen. Halte die Position für mindestens 30 Sekunden. Ideal sind ca. 60 Sekunden. Wiederhole die Übung drei- bis viermal.
Weitere Tipps gegen das Upper Cross Syndrom
Versuche im Alltag so oft wie möglich aufrecht zu gehen und zu stehen. Nimm die Treppe statt dem Aufzug oder besuche Deine Kollegen, statt sie anzurufen. Und wenn Du schon telefonieren musst, dann tu es im Stehen oder laufe dabei herum. Das tut nicht nur Deinem Rücken gut, sondern gibt auch Deiner Stimme Kraft. Richte Deinen Arbeitsplatz ergonomisch ein. Achte auf die richtige Höhe des Tisches, des Stuhls und des Bildschirms. Ideal ist ein ergonomischer Bürostuhl mit Lordose- und Nackenstütze. Was am Arbeitsplatz gilt, gilt natürlich auch zuhause. Achte ganz bewusst auf Deine Haltung. Hier gilt die Devise: „Bauch rein, Brust raus!“ Starre im Alltag nicht ständig nach unten auf Dein Smartphone. Geh zumindest in der Öffentlichkeit mit erhobenem Kopf durch die Welt. Das ist sicherer und gesünder. Zudem lässt Dich eine aufrechte Haltung attraktiver wirken. Treibe regelmäßig Sport. Ganz gleich, ob Schwimmen, Radfahren, Rudern, Joggen oder Kraftausdauertraining mit geringen Gewichten. Die Hauptsache ist, dass Du Deinen Körper regelmäßig durchbewegst und Deinen verspannten Muskeln eine Sauerstoffkur verpasst. Spezielle Orthesen können Dir dabei helfen, eine gerade Haltung zu behalten. Diese speziellen Orthesen kannst Du wie einen Rucksack tragen und entsprechend festzurren. Während des Tragens ziehen sie die Schultern zurück und halten den oberen Rücken in einer geraden Position. Achtung: Orthesen, die Du im Sportfachhandel und in Sanitätshäusern bekommst, sind kein Ersatz für die vorgestellten Übungen und präventive Maßnahmen.