Bandscheibenvorfall an der BWS – Definition
Hinter dem oftmals als Bandscheibenvorfall BWS bezeichneten Begriff verbirgt sich ein Bandscheibenvorfall, der im Bereich der Brustwirbelsäule lokalisiert ist. Genau genommen tritt diese Form des Bandscheibenvorfalls zwischen den 12 Brustwirbeln auf, die sich unterhalb der 7 Halswirbel und oberhalb der 5 Lendenwirbel befinden. Von einem Bandscheibenvorfall (Prolaps) sprechen Mediziner, wenn der Gallertkern der Bandscheibe (Nucleus pulposus) den äußeren Faserring (Anulus fibrosus) durchbricht und dabei auf das Rückenmark oder die davon abzweigenden Nerven drückt. Der Durchbruch ist sowohl nach hinten oder zur Seite möglich, wobei der Durchbruch selbst entweder plötzlich auftreten oder sich langsam einschleichen kann. Im Vergleich zum Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule (lumbaler Bandscheibenvorfall), der ca. 90 Prozent aller Fälle ausmacht, ist der Bandscheibenvorfall im Bereich der BWS mit ca. 2 Prozent eher selten. Ursächlich ist die Tatsache, dass die Brustwirbelsäule nicht so stark belastet wird wie die LWS und gemeinhin eine geringere Beweglichkeit aufweist. Aufgrund der oftmals unspezifischen Symptome ist die Diagnose ebenfalls schwierig. Bandscheibenvorfälle treten besonders häufig bei Menschen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf. Ursächlich ist der Umstand, dass sich in dieser Zeit körperliche Belastung und Unfälle häufig mit der altersbedingten Degeneration überschneiden. Ab ca. dem 50. Lebensjahr nimmt das Risiko wieder ab, da die Bandscheiben zunehmend so trocken werden, dass der Gallertkern nicht mehr so leicht hervortreten kann.
Bandscheibenvorfall an der BWS – Ursachen
Der größte Risikofaktor für einen Vorfall im Bereich der BWS ist der mit dem Alter zunehmende Verschleiß der Bandscheiben. Diese verlieren mit der Zeit ihre Elastizität und damit auch die Fähigkeit genügend Wasser zu speichern. In der Folge nimmt einerseits deren Dämpfungswirkung ab. Andererseits führt die schlechtere Hydrierung zur Bildung kleiner Risse in dem stabilen Faserring, der den Gallertkern umgibt. Durch diese Risse, die sich vergrößern und in ihrer Zahl zunehmen, verringert sich die stabilisierende Funktion. Kommt es nun zu einer starken dauerhaften oder plötzlichen Belastung, kann es passieren, dass der Gallertkern den Faserring durchbricht. Bei extremer Belastung kann ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Brustwirbelsäule auch ohne degenerative Vorschädigung auftreten. Diese Fälle sind allerdings äußerst selten. Typische Ursachen bzw. Risikofaktoren für einen Bandscheibenvorfall der BWS sind unter anderem: Alters- und belastungsbedingter Verschleiß Zu schweres Heben und Tragen Ruckartige Bewegungen Dauerhafte Fehlhaltungen z.B. starker Rundrücken bei der Arbeit Schwach ausgeprägte Bauch- und Rückenmuskulatur Fehlbelastungen des Rückens Arbeits- und Autounfälle Bewegungsmangel
Warum ist Bewegungsmangel ein Risikofaktor?
Der Bewegungsmangel der modernen Lebensweise ist ein entscheidender Risikofaktor für zahlreiche gesundheitliche Probleme. Das gilt auch für das erhöhte Risiko eines Bandscheibenvorfalls der BWS. Ursächlich ist die Art und Weise, wie die Bandscheiben mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden. Anders als etwa Muskeln sind die Bandscheiben nicht durchblutet, sondern werden über Wechseldruckbelastung ernährt. Solche Wechseldruckbelastungen entstehen immer dann, wenn die Bandscheiben durch Druck zusammengedrückt werden. Gleichzeitig verliert die Bandscheibe Flüssigkeit und Stoffwechselendprodukte. Sobald der Druck nachlässt, saugt sich die Bandscheibe wie ein Schwamm mit Flüssigkeit und Nährstoffen voll. Schon der aufrechte Gang oder regelmäßiges Treppensteigen sorgt für die notwendige Wechseldruckbelastung. Da wir einen großen Teil des Tages sitzend in meist schlechter Haltung verbringen, ist die Ernährungslage der Bandscheiben oftmals schlecht, womit das Verschleißrisiko steigt.
Bandscheibenvorfall an der BWS – Symptome
Das große Problem bei Bandscheibenvorfällen im Bereich der BWS sind die unspezifischen Symptome, die eine Diagnose schwierig machen. Häufig wird ein solcher Bandscheibenvorfall erst nach einer langwierigen Ursachensuche diagnostiziert. Typischerweise geht ein BWS-Prolaps mit einer großen Symptompalette einher, verläuft in manchen Fällen aber auch ganz ohne Symptome. Hauptsymptom sind unspezifische Rückenschmerzen, die meist zwischen den Schulterblättern auftreten und als eher dumpf und drückend beschrieben werden. In manchen Fällen zieht sich der Schmerz auch gürtelförmig um den Brustkorb. Husten oder Niesen kann den Schmerz verstärken. Anders als bei einem Bandscheibenvorfall der LWS sitzt der Schmerz in Höhe des betroffenen Wirbels und strahlt nur selten nach unten oder oben aus. Hinzu kommt eine ganze Palette an möglichen Begleitsymptomen, die von Übelkeit und Schwindel bis hin zu einer Fußhebeschwäche und Herzstechen reichen. Achtung: In sehr ausgeprägten Fällen kann es ebenfalls zu einer sogenannten Querschnittssymptomatik mit Problemen bei der Darm- und Blasenentleerung sowie Taubheit im Anal- und Genitalbereich kommen. In einem solchen Fall solltest Du sofort die Notaufnahme aufsuchen. Zudem kann sich der Druck auf das Rückenmark anhand von Gefühlsstörungen wie Ameisenlaufen, Kribbeln und Taubheit äußern. Die genaue Symptomatik hängt im Einzelfall davon ab, wo sich der Vorfall befindet. Letztliche Klarheit verschafft bei einem solchen unspezifischen Beschwerdebild mit Schmerzen an der BWS oft nur ein bildgebendes Verfahren wie die Magnet-Resonanz-Tomographie.
Bandscheibenvorfall an der BWS – Behandlung
In der Regel wird ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Brustwirbelsäule konservativ behandelt. Das Ziel besteht in erster Linie darin, die Schmerzen zu lindern und den Rücken mit Hilfe von Physiotherapie und Muskeltraining zu stabilisieren.
Linderung von Schmerzen und Verspannungen
An erster Stelle steht die Linderung der akuten Schmerzen durch Schmerzmittel. Zum Einsatz kommen vor allem sogenannte nicht-steroidale Antirheumatika wie Ibuprofen und Diclofenac, die gleichzeitig auch eine entzündungshemmende Wirkung haben. Alternativ kommt auch Novalgin zum Einsatz. Um die oftmals verkrampfte Muskulatur zu lockern, verschreiben Ärzte zusätzlich sogenannte Muskelrelaxantien zur Muskelentspannung. Bei starken Schmerzen kann Dir Dein Arzt auch eine Kortisonspritze setzen. Abseits der medikamentösen Therapie trägt auch die regelmäßige Wärmebehandlung zur Schmerz- und Spannungslinderung bei. Hier kannst Du ganz nach Deinen Vorlieben auf Wärmepflaster, wärmende Salben oder Rotlicht setzen.
Krankengymnastik und Rehasport für langfristige Schmerzfreiheit
Die zweite Säule der konservativen Behandlung besteht aus regelmäßiger Krankengymnastik bei einem Physiotherapeuten und gezieltem Rehabilitationssport für die Kräftigung der Rückenmuskulatur, um die Wirbelsäule zu stabilisieren. Die folgenden Übungen können Dir dabei helfen, die Schmerzen dank eines kräftigen Rückens auch langfristig loszuwerden. Bevor Du die Übungen auf eigene Faust ausführst, solltest Du dies mit Deinem Arzt besprechen, um Folgeschäden zu vermeiden – das ist bei einem Bandscheibenvorfall der BWS besonders wichtig:
Die Brücke
Lege Dich flach auf den Rücken. Stelle Deine Beine auf und positioniere Deine Füße in einem hüftbreiten Abstand. Achte darauf, dass sich Deine Knie nicht berühren, und hebe das Becken an, bis Dein Körper eine gerade Linie bildet. Spanne Deine Po-Muskulatur an und halte die Position für 15-20 Sekunden. Löse die Spannung und lege eine kurze Pause ein. Wiederhole die Übung in 2 bis 3 Sätzen 10- bis 15-mal.
Dehnung in Bauchlage
Lege Dich flach auf den Bauch und positioniere Deine Füße eng aneinander. Fasse Deinen linken Fuß mit der linken Hand und ziehe ihn so lange zu Deinem Oberschenkel, bis es zieht. Achte darauf, dass Du die Dehnung langsam aufbaust und diese für 15 bis 20 Sekunden hältst. Lasse anschließend locker und wiederhole die Übung mit Deinem rechten Bein. Vier bis fünf Durchgänge pro Seite sind ausreichend.
Rudern mit dem Trainingsband
Befestige ein Trainingsband (z.B. Theraband) mit Hilfe eines Türankers so an einer Tür, dass Du beide Enden greifen kannst. Positioniere das Band in etwa auf Höhe Deines Bauchnabels. Greife nun beide Enden des Bands, tritt ein bis zwei Schritte zurück und ziehe das Band zu Deinem Körper. Ziehe die Schulterblätter zusammen und führe die Ellenbogen wie beim Rudern so nah wie möglich an Deinem Oberkörper vorbei. Halte die Spannung in der Endposition für etwa 10 Sekunden und kehre langsam in die Ausgangsposition zurück. Führe drei Sätze mit jeweils 15 bis 20 Wiederholungen aus.
Wann ist eine Operation notwendig?
Eine Operation ist nur bei etwa 20 Prozent aller Bandscheibenvorfälle im Bereich der BWS notwendig. Grundvoraussetzung dafür ist das Versagen aller konservativen Behandlungsmethoden. Auch dann, wenn Nerven durch den Druck der Bandscheibe bereits geschädigt wurden oder weiterer Schaden wahrscheinlich ist, ist eine Operation eine wichtige Maßnahme. Je nach Art und Lage des Vorfalls kommen unterschiedliche Operationsverfahren zum Einsatz, im Rahmen derer der Teil der Bandscheibe entfernt wird, der auf die Nerven drückt. Mehr zu den gängigen Operationsverfahren findest Du in unserem Beitrag zum LWS-Bandscheibenvorfall.