Beckenschiefstand – Definition
Unser Becken befindet sich im Normalfall in einer annähernd waagrechten Position. Ist das Becken zu einer Seite hin deutlich gekippt, sprechen Mediziner von einem Beckenschiefstand (auch: Hüftschiefstand). Ein leichter Beckenschiefstand von wenigen Millimetern ist eher die Regel als die Ausnahme und meist völlig unproblematisch. Immerhin liegt ein leichter Schiefstand statistisch bei rund zwei Dritteln aller Menschen in den westlichen Industrieländern vor. Fällt der Beckenschiefstand jedoch größer aus, kann es zu verschiedenen Problemen angefangen von Muskelverspannungen bis hin zur Entwicklung einer seitlichen Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose) kommen. Wachstumsbedingt sind jüngere Menschen besonders häufig von einem Beckenschiefstand betroffen, da die Knochen des Körpers unterschiedlich stark wachsen. Grundsätzlich wird in der Medizin zwischen einem strukturellen und einem funktionellen Beckenschiefstand unterschieden.
Beckenschiefstand – Ursachen
Die Ursache für einen Beckenschiefstand ist abhängig davon, ob es sich um einen funktionalen oder einen strukturellen Schiefstand des Beckens handelt.
Struktureller Beckenschiefstand
Die Ursache der strukturellen Fehlstellung ist anatomischer Natur. In der Regel ist der Auslöser eine angeborene Beinlängendifferenz oder eine angeborene Seitverkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose). Diese zwingt das Becken in eine Schieflage und dazu, den Schiefstand muskulär auszugleichen. Weitere mögliche Ursachen für den strukturellen Beckenschiefstand sind Unfälle, Operationen oder Prothesen. Charakteristisch für diese Form des Beckenschiefstands ist, dass das Becken von allein keine waagrechte Position einnimmt.
Funktioneller Beckenschiefstand
Bei einem funktionalen Beckenschiefstand handelt es sich um einen sogenannten erworbenen Schiefstand des Beckens. Die Ursache ist hier muskulärer Art. Meist handelt es sich um eine Muskelverspannung oder um eine Anpassung der Muskulatur an ein einseitiges Training oder eine einseitige Belastung im Alltag. Meist liegen diese Verspannungen im Bereich der Muskulatur des unteren Rückens sowie des Gesäßes. In manchen Fällen können auch Verrenkungen zu einem funktionellen Beckenschiefstand führen. Fehlhaltungen und Bewegungsmangel im Alltag sind hierzulande typische Auslöser. Infolge des Beckenschiefstands kommt es zu einer sogenannten „funktionellen Beinlängendifferenz“. Im Gegensatz zum strukturellen Beckenschiefstand korrigiert sich die Fehlstellung von allein, sobald die zugrundeliegende Verspannung gelöst bzw. das muskuläre Ungleichgewicht (muskuläre Dysbalance) ausgeglichen wurde.
Beckenschiefstand – Symptome
Der Beckenschiefstand an sich verursacht zunächst oft keine Schmerzen. Je stärker der Schiefstand ausgeprägt ist, desto höher ist jedoch die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Schmerzen. Diese treten meist nach längerem Sitzen oder Stehen im Bereich des unteren und oberen Rückens auf. Da ein schiefes Becken, die gesamte Wirbelsäule und damit auch das Nervensystem beeinflussen kann, berichten viele Patienten jedoch auch von Schmerzen in anderen Körperbereichen: Nackenschmerzen Schulterschmerzen Kopfschmerzen Zahnschmerzen Knieschmerzen Fußgelenkschmerzen All diese Schmerzsymptome sind eine Möglichkeit, einen Beckenschiefstand zu erkennen. Hinzu kommen messbare Symptome wie eine ausgeprägte Skoliose oder unterschiedlich lange Beine. Liegt die Differenz zwischen beiden Beinen über 5 Millimetern, raten Mediziner zu einer Behandlung oder zumindest Beobachtung des Beckenschiefstands. Gerade bei Kindern und Jugendlichen korrigiert sich ein geringfügiger Schiefstand meist von selbst.
Beckenschiefstand – Behandlung
Durch abtasten und die Zuhilfenahme bildgebender Verfahren können Mediziner einen Beckenschiefstand leicht diagnostizieren und dessen Ursache feststellen. Davon hängt auch die Therapie ab.
Funktionellen Beckenschiefstand korrigieren
Um eine funktionellen Beckenschiefstand zu korrigieren müssen Muskelverspannungen gelockert bzw. muskuläre Ungleichgewichte beseitigt werden. Mit speziellen krankengymnastischen Übungen lässt sich ein Beckenschiefstand korrigieren. Ergänzend kommen auch diverse Entspannungstechniken wie Massagen, Yoga und progressive Muskelentspannung zur Anwendung.
Behandlung eines strukturellen Beckenschiefstands
Handelt es sich um einen strukturellen Beckenschiefstand aufgrund einer Beinlängendifferenz kommen Einlagen, spezielle Schuhsohlen oder eine Operation infrage. Liegt die Beinlängendifferenz bei maximal einem Zentimeter, kommt eine Einlage zum Einsatz. Beträgt die Differenz bis zu drei Zentimetern, wird eine erhöhte Sohle gefertigt. Die Operation hingegen ist bei einer Beinlängendifferenz von mehr als drei Zentimetern das Mittel der Wahl. Bei dieser langwierigen Behandlung erzeugt der Arzt am Oberschenkelknochen des zu kurzen Beins eine künstliche Wachstumsfuge. Ein externes Gestell (Fixateur) zieht den Knochen nun minimal auseinander. Der Knochen wächst so über die Zeit nach und gleicht die Differenz aus.