Skoliose – Definition
Der Begriff „Skoliose“ leitet sich vom Wort „skolios“ ab, was so viel wie krumm bedeutet. Bei einer Skoliose handelt es sich dementsprechend um eine dauerhafte seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule, bei der häufig auch die Wirbelkörper verdreht sind. Nach der offiziellen medizinischen Definition liegt eine Skoliose immer dann vor, wenn die seitliche Krümmung der Wirbelsäule bei mehr als 10 Grad liegt (Cobb-Winkel). Diese Krümmung wird mit Hilfe eines Röntgenbildes bestimmt.
Grundsätzlich unterscheidet man abhängig vom betroffenen Wirbelsäulenabschnitt zwischen der lumbalen Skoliose (LWS), der thorakalen Skoliose (BWS) und der thorakolumbalen Skoliose im Übergangsbereich zwischen BWS und LWS. Die Krümmung selbst kann s-förmig, c-förmig und in seltenen Fällen auch doppel-s-förmig auftreten.
Medizinischen Statistiken zur Folge sind hierzulande 2-5 Prozent der Bevölkerung von einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Skoliose betroffen. Häufig beginnt die Skoliose bereits im Kindes- und Jugendalter in Phasen des starken Wachstums. Skoliose tritt im Lauf des Lebens bei Frauen bis zu siebenmal häufiger auf als bei Männern. Mit steigendem Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Skoliose deutlich zu.
Skoliose – Ursachen
Die Ursachen für eine Skoliose sind vielfältig. In der Medizin unterscheidet man dabei grob zwischen der sogenannten idiopathischen Skoliose und der sekundären Skoliose. Während der sekundären Skoliose eine eindeutige Ursache bzw. Erkrankung zugrunde liegt, gibt es für die idiopathische Skoliose keinen konkreten Auslöser. Skoliosen mit unbekannter Ursache machen etwa 80 bis 90 Prozent aller Fälle aus. Grundsätzlich entsteht eine idiopathische Skoliose aber nach dem folgenden Muster:
Ungleichmäßiges Wachstum der Wirbelkörper führt dazu, dass die Wirbelkörper auf einer Seite schneller wachsen als auf der anderen Seite.
Infolge des Wachstumsungleichgewichts nehmen die betroffenen Wirbelkörper einseitig mehr Platz ein.
In der Folge kommt es zur Schieflage von Wirbelkörpern. Darüber hinaus können sich die Wirbelkörper gegeneinander verdrehen.
In der Konsequenz verdreht sich die Wirbelsäule und krümmt sich nach links (linkskonvexe Skoliose) oder rechts (rechtskonvexe Skoliose).
Mögliche Ursachen für eine sekundäre Skoliose
Bis zu 20 Prozent aller Skoliose-Fälle gehen auf das Konto von klar benennbaren Ursachen. Zu den häufigsten Auslösern gehören hier:
Systemische Erkrankungen: Erkrankungen wie z.B. Neurofibromatose oder die Glasknochenkrankheit haben Auswirkungen auf den ganzen Körper und können auch eine Seitverkrümmung der Wirbelsäule verursachen.
Muskelerkrankungen: Eine spezielle Form der Skoliose ist die myopathische Skoliose, die auf Muskelerkrankungen wie eine Muskeldystrophie (Muskelschwund) zurückgeht.
Gestörte Nervenfunktionen: Erkrankungen wie Poliomyelitis (Kinderlähmung), Syringomyelie und die bei Kindern auftretende Störung des Nerven- und Muskelsystems Infantile Cerebralparese sind Auslöser für die neuropathische Skoliose.
Knocheninfektionen: z.B. Osteomyelitis, Osteitis
Störungen des Bindegewebes: z.B. Ehlers-Danlos-Syndrom, Marfan-Syndrom
Angeborene Fehlbildungen: Einige Kinder werden bereits mit einer Skoliose oder einer entsprechenden Veranlagung durch Blockwirbel, Keilwirbel und Halbwirbel geboren.
Körperstatik: Fehlhaltungen wie ein Beckenschiefstand oder eine deutliche Beinlängendifferenz können auf Dauer zu einer Skoliose führen.
Unfälle: Nach Traumen wie einem Wirbelknochenbruch kann es zur sogenannten Posttraumatischen Skoliose kommen.
Medizinische Eingriffe: Manche medizinische Behandlungen können eine Skoliose nach sich ziehen. Darunter etwa Bestrahlungen sowie Laminektomien, bei denen Teile des Wirbelkörpers entfernt werden.
Funktionelle Skoliose oder „echte“ Skoliose?
Nicht immer handelt es sich bei der sichtbaren Verkrümmung der Wirbelsäule um eine „echte“ Skoliose. In manchen Fällen liegt eine sogenannte funktionelle skoliotische Fehlhaltung vor, diese ist lediglich vorrübergehend und normalisiert sich z.B. durch aktive Bewegung wieder. Häufig tritt eine solche funktionelle Fehlhaltung im Rahmen eines erworbenen Beckenschiefstands auf.
Skoliose – Symptome
Das Hauptsymptom der Skoliose ist die je nach Schweregrad deutlich sichtbar ausgeprägte Krümmung. Je nach Ausprägung lässt sich im betroffenen Wirbelsäulenbereich eine nach links oder rechts weisende c-förmige Krümmung feststellen. Etwas seltener sind die s-förmige und die doppel-s-förmige Krümmung.
Zu den weiteren optischen Symptomen gehören unterschiedlich positionierte Schulterblätter, eine unterschiedliche Schulterhöhe, eine schiefe Kopfhaltung sowie ein schräg stehendes bzw. seitlich verschobenes Becken. Hinzu kommt in manchen Fällen auch ein sogenannter Rippenbuckel, eine einseitige Brustkorbwölbung in Richtung Rücken. Vor allem zu Beginn zeigt sich die Skoliose lediglich optisch und verursacht keine weiteren Beschwerden.
Während im Jugendalter meist noch keine Schmerzen zu spüren sind, kommen diese mit fortschreitendem Alter dazu. Hintergrund ist die durch die Krümmung verursachte Ungleichbelastung von Wirbeln und Bandscheiben. In der Folge kommt es zunehmend zu entsprechendem Verschleiß und damit zusammenhängenden Rückenschmerzen im Bereich der Skoliose. Da die Muskulatur zusätzlich arbeiten muss, um die Krümmung auszugleichen, sind auch Muskelverspannungen inklusive entsprechender Verspannungsschmerzen verbreitet. In manchen Fällen ruft die Skoliose auch Schulter-, Nacken- und Kopfschmerzen hervor.
Weitere Symptome einer Skoliose
Abgesehen von der Verkrümmung und den damit verbundenen Schmerzen kann eine Skoliose auch organische Symptome hervorrufen. Ursächlich ist die vor allem bei einer stark ausgeprägten Skoliose auftretende Verkürzung des Oberkörpers. Durch diese Tatsache kann die Arbeit von Herz, Lunge, Magen, Darm und Nieren beeinträchtigt werden. In manchen Fällen kann es daher zu Herzrhythmusstörungen, Magendruck, Verdauungsproblemen, verminderter Lungenkapazität, Atemnot oder einer beeinträchtigten Nierentätigkeit kommen.
Skoliose – Behandlung
Die Therapie der Skoliose hängt sowohl von der Ursache und Ausprägung als auch vom Alter des Betroffenen ab. Ziel der Behandlung ist es, die Verkrümmung zu mindern oder zumindest deren Fortschreiten zu verhindern. Je früher die Behandlung dabei erfolgt, desto größer sind die Chancen. Bei einer sekundären Skoliose steht zunächst die Behandlung der Grunderkrankung im Fokus. In den meisten Fällen reicht eine konservative Behandlung aus. Insgesamt gibt es mehrere Optionen:
Skoliose-Korsett und Gipsbehandlung
Ein Skoliose-Korsett soll der Wirbelsäule Halt geben und diese dabei unterstützen, die korrekte Position einzunehmen. Haupteinsatzgebiet des Korsetts sind Verkrümmungen bei Kindern, die in einem Bereich von 20-50 Grad liegen. Da das Skelettwachstum noch nicht abgeschlossen ist, sind die Aussichten, dass sich die Wirbelsäule „korrekt auswächst“, hier besonders groß. Die maßgefertigten Stützen müssen dabei meist für 22-23 Stunden am Tag getragen werden, bis die Wirbelsäule ihre endgültige Stabilität erreicht hat.
Bei ausgewachsenen Patienten kommt das Korsett stabilisierend zum Einsatz, um so das Fortschreiten zu verhindern und die Beschwerden zu lindern. Da das Knochenwachstum abgeschlossen ist, lässt sich die Wirbelsäule bei Erwachsenen auf diese Weise aber nur begrenzt richten. Bei kleinen Kindern kombiniert man das Korsett oftmals auch mit einem Gipskorsett.
Physiotherapie und Krankengymnastik
Der wohl wichtigste Part der Therapie besteht in der Physiotherapie. Mit Hilfe gezielter Übungen ist es möglich, die Wirbelsäule beweglicher zu machen, geschwächte Muskulatur zu stärken und verspannte Muskelpartien zu entlasten. Durch Physiotherapie und Krankengymnastik erlernst Du zudem eine rückenförderliche Haltung und bekommst das nötige Rüstzeug an die Hand, wie Du Deinen Rücken im Alltag korrekt belastest. Therapie-entscheidend ist auch die aktive Korrektur der Krümmung durch spezielle Übungen.
Begleitende Schmerzbehandlung
Insbesondere bei starker Verkrümmung ist die Schmerztherapie ein essentieller Faktor, um Rücken-, Nacken- und Kopfschmerzen in den Griff zu bekommen. Neben üblichen Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Novalgin und Diclofenac in Tablettenform kommen bei schwereren Schmerzen auch Spritzen zum Einsatz. Letzteres ist vor allem dann der Fall, wenn die Spinalnerven durch zunehmenden Verschleiß der Wirbelsäule unter Druck geraten.
Leichte Schmerzen und Verspannungen kannst Du auch ohne Medikamente mit Hilfe von Wärmpflastern, wärmenden Salben oder Rotlicht behandeln. Alternativ kannst Du Dir auch ein sogenanntes TENS-Gerät besorgen. Durch diese „Transkutane elektrische Nervenstimulation“ kann die Schmerzübertragung an das Gehirn gehemmt werden.
Kann ich mit Skoliose Sport treiben?
Du kannst nicht nur Sport treiben, sondern Du solltest sogar regelmäßig Sport treiben. Mit dem richtigen Sportprogramm hast Du es selbst in der Hand, Deine Skoliose in den Griff zu bekommen und dabei nichts an Lebensqualität einzubüßen. Ideal sind Sportarten wie:
Wandern
Nordic Walking
Radfahren
Joggen (achte aber unbedingt auf passendes Schuhwerk)
Schwimmen (vor allem Rücken- und Kraulschwimmen)
Klettern
Skilanglauf
Im Gegenzug solltest Du aber auf Sportarten verzichten, bei denen es zu ruckartigen Dreh- und Stoßbewegungen kommt. Dazu zählen etwa Tennis, Golf oder Bodybuilding.
Skoliose-Übungen für zuhause
Wenn Du Deine Bauch- und Rückenmuskulatur regelmäßig kräftigst, kannst Du Deine Wirbelsäule stabilisieren und Deiner Skoliose effektiv entgegenwirken. Bevor Du die folgenden Übungen ausführst, solltest Du Dir aber zunächst grünes Licht von Deinem Arzt holen.
Oberkörperheben
Lege Dich mit nach hinten ausgestreckten Armen auf den Bauch.
Deine Arme liegen nach hinten gerichtet neben Deinem Oberkörper.
Spanne Deine Rückenmuskulatur an und heben Deinen Oberkörper vom Boden ab.
Halte die Position so lange Du kannst und kehre in die Ausgangsposition zurück.
Führe nach einer kurzen Pause 4 weitere Durchgänge aus.
Superman
Lege Dich flach auf den Bauch und strecke Arme und Beine aus.
Hebe nun gleichzeitig Arme und Beine vom Boden ab.
Halte die Spannung so lange Du kannst.
Kehre in die Ausgangsposition zurück und lege eine kurze Pause ein.
Führe insgesamt 4-5 Wiederholungen aus.
Ball-Lift
Lege Dich mit ausgestreckten Beinen flach auf den Boden.
Klemme Dir einen Gymnastikball zwischen die Unterschenkel.
Stabilisiere Deinen Körper mit den Armen.
Spanne Deine Rumpfmuskulatur an und hebe den Ball mit den Beinen an.
Sobald Deine Beine senkrecht stehen, kehrst Du langsam in die Ausgangsposition zurück.
Führe drei Sätze á 5-15 Wiederholungen aus.
Wann ist eine Operation sinnvoll?
Ein operativer Eingriff kann unter Umständen sinnvoll sein, wenn bestimmte Faktoren gegeben sind. Hauptsächlich kommt es auf die Schwere der Verkrümmung an. Ab einem Cobb-Winkel von 40-50 Grad ist eine Operation sinnvoll. Auch drohender Wirbelsäulenverschleiß oder Wirbelversteifung im jüngeren Lebensalter sowie das rasche Fortschreiten der Skoliose sind Indikationen für eine OP. Auch bei Dauerschmerzen oder erhöhter psychischer Belastung kommt der Eingriff infrage.